"Wie gut ist dieser Prozess?" So eine Frage kann kann einen schon mal ins Schwitzen bringen. "Na ja, wir sind zufrieden." Aber: könnte der Prozess besser laufen? Wie oft steht der Prozess ungeplant? Mit welcher Geschwindigkeit läuft eigentlich der Prozess? Ist diese so wie geplant? Und wieviel Ausschuss produziert der Prozess? Fragen über Fragen, die alle sehr berechtigt sind.
Die Kennzahl OEE ist eine Kennzahl, die genau diese Dinge zusammenfasst.
Nach Wikipedia bezeichnet der Begriff Gesamtanlageneffektivität (GAE) oder englisch Overall Equipment Effectiveness (OEE) eine vom Japan Institute of Plant Maintenance erstellte Kennzahl. Sie ist eines der Ergebnisse im Zuge der jahrzehntelangen Entwicklung des TPM-Konzeptes (TPM: Total Productive Maintenance). Die Gesamtanlageneffektivität ist ein Maß für die Wertschöpfung einer Anlage. Da mir der Begriff GAE nicht bekannt ist, möchte ich in diesem Artikel immer die englische Abkürzung OEE für die Gesamtanlageneffektivität benutzen.
Die OEE setzt sich aus 3 Unterkennzahlen zusammen:
Zur Berechnung der OEE werden die 3 Faktoren miteinander multipliziert. Ich werde im folgenden die deutschen und englischen Begriffe gemischt benutzen.
Zur Berechnung Anlagenverfügbarkeit brauchen wir zuerst einmal die zur Verfügung stehende Produktionszeit. Bei einer Schicht von 8 Stunden sind das nicht diese 8 Stunden; es müssen alle geplanten Stillstandszeiten wie z.B. Pausen oder auch Betriebsversammlungszeiten abgezogen werden.
Dann braucht man die ungeplanten Stillstandszeiten. Das sind z.B. Ausfälle, Störungen, aber auch Reparaturzeiten und ungeplante Wartungen. Geplante Wartungsarbeiten zählt man zu den geplanten Stillstandszeiten. Hier ist übrigens festzustellen, dass manche Anwender auch geplante Wartungszeiten zu den ungeplanten Stillstandszeiten rechnen; man will dadurch die Anlagenverfügbarkeit von 100% auf wartungsfreie Anlagen beziehen.
Damit ergibt sich folgendes Rechenschema:
Die Anlageneffizienz ist das Verhältnis von aktueller Zykluszeit zu idealer Zykluszeit. Dazu muss zuerst der Begriff "ideale Zykluszeit" geklärt werden. Die Zykluszeit ist die Zeit für einen Produktionszyklus; d.h. die Zeit gemessen ab dem Punkt, an dem ein Produkt die Anlage verlässt bis zu dem Punkt, an dem das folgende Produkt die Anlage verlässt. Die Zykluszeit ist insbesondere im allgemeinen nicht die Zeit, die zur Produktion eines Produkts gebraucht wird. Das kann länger sein, da sich durchaus mehrere Teile mit unterschiedlichen Fertigungszuständen in der Anlage befinden können.
Beispiel: Bei einer Presse mit einem 8-Stufen-Folgeverbundwerkzeug fällt jede Sekunde ein fertiges Teil aus der Presse. Die Zykluszeit ist also 1 Sekunde. Zur Herstellung des Teils benötigt man aber 8 Hübe des Werkzeugs; also ist die Herstellungszeit 8 Sekunden.
Die ideale Zykluszeit ist die Zykluszeit, die man unter idealen Bedingungen erreichen kann; also die minimale Zykluszeit. Die Ermittlung der idealen Zykluszeit ist nicht trivial und kann durchaus problematisch sein. Ich möchte das an oben genannter Presse darstellen: man kann die Presse, die mit einer Hubzahl von 60 Hub / Minute (Zykluszeit von einer Sekunde) läuft, auch noch schneller stellen. Dann wird mit zunehmender Hubzahl zuerst der Werkzeugverschleiß größer, dann entsteht Ausschuss, und schließlich wird das Werkzeug zerstört. Die ideale Zykluszeit ist dann ein willkürlich gesetzter Wert, bei dem gerade noch kein Ausschuss erzeugt wird und mann den Werkzeugverschleiß als technisch wirtschaftlich vertreten kann.
Es ergibt sich nun folgendes Rechenschema:
Es ist zu beachten, dass sich bei falsch / zu niedrig angesetzter idealer Zykluszeit eine Anlageneffizienz von größer 100% ergeben kann.
Die Qualitätsausbringung ist die Anzahl der fehlerfreien Teile dividiert durch die Anzahl der produzierten Teile. Es ist dabei wichtig, dass man die Anzahl der fehlerhaften Teile zählt und nicht die Anzahl der Fehler. Ein Produkt kann ja durchaus mehrere Fehler haben. Es wird auch nicht unterschieden, ob diese fehlerhaften Produkte verschrottet oder später nachgearbeitet werden; für die Qualitätsausbringung der Anlage ist das nicht relevant.
Es ergibt sich folgendes Rechenschema:
Die OEE ist dann einfach das Produkt aus den obigen 3 Faktoren:
OEE = Anlagenverfügbarkeit * Anlageneffizienz * Qualitätsausbringung
OEE gilt zuerst einmal für einzelne Maschinen; das habe ich oben bereits am Beispiel der Presse dargestellt.
OEE kann man aber auch für verkettete Maschinen berechnen. Man muss aber genau analysieren, was da passiert. Wenn die Verkettung "starr" ist, d.h. wenn ein Teil von einer Maschine zur anderen gereicht wird (z.B. durch ein Shuttle), dann ergibt sich die Zykluszeit aus der Dauer zwischen 2 fertigen Teilen, die aus der letzten Maschine herausfallen.
Wenn die Verkettung nur lose ist, kann eine Maschine schneller laufen als eine andere. Dann stapeln sich vor der langsamsten Maschine Teile. Man sieht also nicht mehr die Anlageneffizienz der schnelleren Maschinen. OEE kann man sicherlich berechnen; man muss sich allerdings fragen, ob das dann noch sinnvoll ist.
Schließlich kann man OEE für ganze Produktionsanlagen berechnen. Man muss halt eben wissen, was man da macht und wie aussagekräftig das dann noch ist.
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