Ich habe einmal bei einem Produktaudit, welches täglich durchgeführt wurde, gefragt, wann die letzte Abweichung festgestellt wurde. Der Auditor konnte sich nicht erinnern; wir stellten dann fest, dass die letzte Abweichung vor 2 Jahren gefunden wurde. Da muss man doch ernsthaft nach dem Sinn dieses Audits fragen! Ein Audit, bei dem nie etwas gefunden wird, ist schlicht und einfach Verschwendung.
Die TS 16949 fordert, dass interne Audits sämtliche qualitätsrelevanten Prozesse, Tätigkeiten und Schichten umfassen müssen, und dass sie auf Basis eines Jahresplans durchzuführen sind. Die TS 16949 fordert aber gleichzeitig auch eine gewisse Dynamik, indem die Audithäufigkeit erhöht werden muss, wenn interne oder externe Fehler oder Kundenbeschwerden auftreten.
Man kann diese Forderungen recht einfach erfüllen, indem man einen statischen Auditplan auf Jahresbasis erstellt und darauf eine Dynamik aufsetzt, die Fehler und Beschwerden berücksichtigt.
Den statischen Auditplan verstehe ich als die Minimalanforderung an Audits, die ich aufgrund der Norm erfüllen muss.
Für das Systemaudit ist das ein Audit des gesamten Systems pro Jahr. Das Audit kann in kleinere Teile zerlegt werden (z.B. Management heute, Produktion nächste Woche, usw.), muss aber in der Zusammenfassung alle Bereiche und Arbeitszeiten erfassen (alle Schichten). Der zeitliche Abstand bis zum Zertifizierungsaudit sollte 3 Monate nicht unterschreiten, um sicherzustellen, dass alle Abweichungen bis zum Zertifizierungsaudit korrigiert werden können.
Beim Prozessaudit verstehe ich es so, dass jeder Produktionsprozess innerhalb eines Jahres einmal auditiert werden muss. Schichten sind dabei zu berücksichtigen.
Beim Produktaudit ist man flexibler; so wird weder gefordert dass man alle Produkte auditieren muss, noch dass man die Produkte innerhalb eines Jahres auditieren muss. Die Forderung ist lediglich, dass man Produktaudits in festgelegten Intervallen durchführen muss. Es wird aber gefordert, dass man die Erfüllung aller spezifierten Anforderungen nachweisen muss. Das bedeutet, dass man alle Produktgruppen so auditieren muss, dass alle spezifizierten Anforderungen abgedeckt werden. Die Häufigkeit ist nicht festgelegt, so dass man hier frei wählen kann. Wöchentlich oder täglich erscheint mir sinnvoll.
Die Dynamik entsteht, indem man den statischen Auditplan ereignisgesteuert ergänzt und verändert. Ich beschreibe 2 Arten von Dynamik: die Dynamik innerhalb einer Auditart, die ich am Beispiel des Produktaudits erläutern werden, und die Dynamik, die über alle Auditarten geht, bei der ein Ergebnis bei einer Auditart ein Audit einer anderen Art anstößt.
Die Ausgangsposition ist die, dass man einen statischen Auditplan erzeugt hat, bei dem man beispielsweise täglich 6 Produktaudits durchführt (bei 3-schichtigem Betrieb in jeder Schicht 2). Das die Dynamik auslösende Ereignis ist die Veränderung der Fehlerhäufigkeit (z.B. ein Fehler ist beim Kunden aufgetreten oder tritt intern vermehrt auf). Da die Ressourcen nicht verändert werden, wird die Prüffrequenz für das betroffene Prüfmerkmal erhöht, und die Prüffrequenz für andere Prüfmerkmale gleichzeitig erniedrigt. In der Summe bleibt dadurch die Dauer zur Durchführung der Audits gleich. Wenn die Ursache für den Fehler gefunden und behoben ist, kann nach einer Beobachtungszeit die Prüffrequenz wieder geändert werden. In der Regel ist es aber so, dass inzwischen andere Fehler aufkommen, so dass sich immer wieder die Schwerpunkte auf andere Prüfmerkmale verlagern. Es ist auch klar, dass bei Bedarf völlig neue Prüfmerkmale erzeugt werden müssen.
Beim Prozessaudit ist die Dynamik ähnlich: anstatt die Audits gleichmäßig über alle Prozesse durchzuführen, konzentriert man sich auf die Prozesse, die fehlerhaft sind. Hier braucht man nicht die gesamten Prozesse zu auditieren, sondern nur die betroffenen Prozessschritte. Es ist klar, dass man trotzdem in einem Jahr alle Prozesse auditiert haben muss.
Eine zweite Dynamik beim Prozessaudit ergibt sich durch die Intensität der Audits. Prozessaudits können sich darauf reduzieren, dass man überprüft, ob die Mitarbeiter den Arbeitsanweisungen folgen. Sie können aber auch eine komplette Überprüfung aller Prozessdokumente einschließlich FMEA darstellen, was eine tiefgehende Analyse des Prozesses bedeutet. Damit ist es möglich, statt über Erhöhung der Prüffrequenz durch Intensivierung der Prüfung eine Dynamisierung zu erreichen.
Man kann die oben beschriebenen Dynamiken miteinander kombinieren. Findet man z.B. bei einem Produktaudit einen Fehler, der sich auf einen Fehler im Prozess zurückführen lässt, so kann man beim Prozessaudit sich auf diesen Fehler fokussieren, gleichzeitig aber die Dynamik beim Produktaudit beibehalten.
Gleiches gilt für Fehler, die auf eine Systemschwäche schließen lassen. In einem solchen Fall wird dann ein Systemaudit für den betroffenen Teilbereich durchgeführt. Das gilt unabhängig davon, ob der Fehler beim Produktaudit oder beim Prozessaudit gefunden wurde.
Letztendlich lässt sich das Audit durch die Anwendung der Dynamik als Teil eines Verbesserungsprozesses einsetzen.