Im Internet findet man zahlreiche Veröffentlichungen zu Qualitätskosten. Da wird beispielsweise genauestens definiert, was Qualitätskosten sind, und was nicht. Ganz toll! Und wozu ist das gut?
Ich rede in meinen Seiten von Verbesserung, also muss das Thema von dieser Seite her angepackt werden. Wie oft habe ich schon gehört: "Wir müssen die Qualitätskosten senken!". Wenn man in die Definitionen geht, erhebt sich sofort die Frage, was man denn jetzt wirklich tun soll: Fehlerkosten senken, Präventionskosten senken, Prüfkosten senken, oder was?
Ich gehe einmal davon aus, dass, wenn die produzierte Qualität an sich nachhaltig gut ist, man sich Aktivitäten zur Absicherung sparen kann (also Präventionskosten und Prüfkosten senken). Um aber eine nachhaltig gute Qualität zu erhalten, müssen die Fehler eliminiert werden. Ich möchte also die Kosten für die Nichterreichung der Qualität senken. Im Englischen hat man für diese Kosten einen Ausdruck: Cost of poor quality (COPQ). Diese Kosten kann man aber nicht per se senken; man muss die Ursachen für diese Kosten bekämpfen. Ich habe einmal die wichtigsten COPQ-Ursachen aufgelistet:
Hier ist der Ausschuss gemeint, der sich aufgrund von Fehlern aller Art ergibt, und der nicht geplant ist. Ein typisches Beispiel für geplanten Ausschuss ist der Anfahrschrott bei Pressen: wenn man ein neues Coil einlegt, so sind beispielsweise die ersten drei Teile unbrauchbar. Das ist so geplant und auch kalkuliert; also gibt es durch diesen Ausschuss keinen Verlust. Wenn aber plötzlich fünf Teile beim Anfahren verschrottet werden müssen, so sind zwei Teile aufgrund eines Fehlers (fehlerhafte Maschineneinstellung usw.) zu verschrotten. So ist auch geplanter Abfall (z.B. wenn man aus einer rechteckigen Tafel Kreise ausschneidet und das restliche Material verschrotter) kein Ausschuss.
Ausschuss im Sinne von Fehlerkosten stellt also immer einen finanziellen Verlust des Unternehmens gegenüber den geplanten Kosten dar.
Nacharbeit ist eine Arbeit, bei der zusätzliche Aufwände gegenüber der geplanten Arbeit notwendig werden. Hier muss man die kostenwirksame Nacharbeit von der kostenunwirksamen Nacharbeit unterscheiden.
Beispiel: Ein Mitarbeiter vergisst, ein Bauteil einzubauen. Dadurch muss er das Produkt wieder (teilweise) zerlegen, um nachträglich das vergessene Bauteil einzubauen. Das ist Nacharbeit, ohne Zweifel. Wenn aber der Mitarbeiter diese Arbeit innerhalb seiner Vorgabezeit erledigt, entstehen dem Unternehmen keine ungeplanten Kosten: die Nacharbeit ist nicht kostenwirksam und wird nicht berücksichtigt. Muss der Mitarbeiter zur Erledigung der Arbeit Überstunden machen, oder müssen etwa zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden, um solche Arbeiten zu erledigen, wird die Nacharbeit kostenwirksam und muss auch berücksichtigt werden.
Es ist schon klar, dass jegliche Art von Nacharbeit einen Verlust für das Unternehmen darstellt. Ich denke aber, dass kostenunwirksame Nacharbeiten wesentlich schwieriger zu verfolgen sind, und dass es dabei auch andere Optimierungsmaßnahmen gibt. Daher grenze ich Nacharbeit auf kostenwirksame Nacharbeit ein.
Bei Gewährleistungskosten ist der Anteil der Ersatzteilkosten relativ gering im Verhältnis zu den Arbeitskosten und den Verwaltungskosten. Alle anfallenden Kosten, einschließlich der Verwaltungskosten werden als Gewährleistungskosten gezählt.
In der Automobilindustrie werden die durch Lieferanten verursachten Gewährleistungskosten zuerst einmal von OEM übernommen und dann an den ersten Lieferanten in der Lieferkette weiterbelastet. Dieser muss dann, falls der Fehler nachweislich von einem Unterlieferanten verursacht wurde, die Kosten an diesen Unterlieferanten weiterbelasten. Gelingt dies nicht (aus welchen Gründen auch immer), so bleiben diese Kosten beim Lieferanten und müssen auch als Gewährleistungskosten gezählt werden.
Da ich keinen passenden Deutschen Ausdruck für Containment gefunden habe, möcht ich Containment hier an einem Beispiel erklären. Ein Lieferant hat für einen OEM der Automobilindustrie ein Produkt entwickelt. Leider stellt sich in der Serie heraus, dass das Produkt zum Quietschen neigt. Der Lieferant führt mit Genehmigung des Kunden als Präventionsmaßnahme ein zusätzliches Fetten ein, welches sicherstellt, dass das Produkt nicht quietscht. Der OEM bezahlt dieses zusätzliche Fetten nicht, da er es auf eine Schwäche bei der Entwicklung des Produktes zurückführt, die vom Lieferant zu vertreten ist. Solche nicht im ursprünglichen Produktionsplan aufgeführte Produktionsschritte werden als Containment bezeichnet.
Sonderfrachten im Sinne von Qualitätskosten sind Frachten, die aufgrund von Fehlern notwendig sind. Es werden hier aber nur die Sonderfrachten gezählt, die auch kostenmäßig anfallen und vom Unternehmen bezahlt werden.
Beispiele
Da alle oben genannten Qualitätskosten auf Fehlern beruhen, gilt der einfache Grundsatz: Fehler nachhaltig beseitigen und die Kosten werden sich verringern. Zum Thema Fehler nachhaltig beseitigen habe ich etwas unter Problemlösung geschrieben. Zu einzelnen Punkten möchte ich aber hier einige Anregungen geben.
Viele Fehler, die zu Ausschuss führen, passieren durch kleinste Unachtsamkeiten. So rutscht z.B. ein Mitarbeiter mit einem Schraubendreher ab und zerkratzt dabei eine Kunststoffblende. Neben technischen Maßnahmen (z.B. Poka Yokes) kann man mit entsprechender Motivation einiges erreichen.
Letztendlich ist zu sagen, dass es möglich ist, Ausschuss durch Mitarbeitermotivation zu reduzieren. Probieren Sie es einfach aus!
Beim Thema Feldschäden gibt es viele Beteiligte:
Jeder dieser Beteiligten hat Einfluss auf die Feldschäden.
In diesem Umfeld ist die Analyse der durch das eigene Unternehmen verursachten Feldschäden nicht ganz einfach. Sorgfältige Analyse (siehe Problemlösung) ist der Schlüssel zum Erfolg. Es ist auch wichtig herauszufinden, in welchen Zeitraum der Fehler passiert ist. Dazu ist das Datum, wann der Fehler gefunden wurde, nicht geeignet. Wichtig ist das Datum der Herstellung des Fahrzeugs (nicht das Datum der Zulassung!).Wenn man schließlich einen Fehler gefunden hat und die Fehlerursache abgestellt hat, muss man sich darüber klar sein, dass der Fehler noch bis zum Ende der Gewährleistungsfrist gemeldet werden kann. Es ist also wichtig, die Fehler nach Fehlerursache zu klassifizieren und deren Auftretensverläufe darzustellen.
Die Ursachen der Fehler, die zu Containment führen, können meistens nur durch technische Änderungen behoben werden. Diese Änderungen erfordern Entwicklungsleistungen, Zeichnungsänderungen und meist auch Werkzeugänderungen, also Dinge, bei denen Kosten eine wesentliche Rolle spielen. Andererseits sind die Kosten für eine Containmentmaßnahme meistens bis ins Detail bekannt (z.B. 2 g Fett einbringen, 25 Sekunden Arbeitszeit je Teil ergibt x Euro je Teil). Damit kann man recht einfach die laufenden Kosten für die Containmentkosten mit den Einmalkosten für eine technisch Änderung vergleichen und dann die Amortisationszeit der Änderung mit der Produktlaufzeit vergleichen.
Beispiel: Ein Containment kostet 6350,- Euro je Monat. Das Produkt läuft noch 30 Monate, also werden insgesamt 190.500,- Euro an Containmentkosten anfallen. Die technische Änderung kostet einschließlich Werkzeugkosten 44.500,- Euro. Wenn die Änderung innerhalb von 4 Monaten wirksam wird, kann man insgesamt 120.600,- Euro (190.500 - 4 x 6350 - 44.500) an Containmentkosten in der Restlaufzeit vermeiden.
Es gibt auch Containment, welches nicht aufgehoben werden kann, z.B. wenn es sich nicht rechnet (also die Kosten für die technsche Änderung höher sind als die Einsparung durch Wegfall des Containments), oder wenn der Kunde einer technischen Änderung nicht zustimmt. Wichtig ist in solchen Fällen, dass Transparenz erzeugt wird. Das bedeutet eine Auflistung der Kosten, die Amortisationsrechnung und eine Begründung, warum welche Entscheidung getroffen wurde. Es gibt nämlich immer technisch begabte Leute, die eine Lösung sehen und nicht verstehen, warum diese nicht umgesetzt wird. Nur wenn Transparenz erzeugt wurde, können diese Leute verstehen, dass eine gute Lösung aus finanziellen Gründen vielleicht nicht umgesetzt wurde.