In jedem Unternehmen gibt es Abläufe; seien diese nun dokumentiert und als Vorgaben festgeschrieben oder aber mündlich oder durch historisch gewachsene Abläufe quasi festgelegt. Als Beispiel dafür nehme man einen kleinen Handwerksbetrieb ohne QM-Handbuch und festgeschriebene Abläufe; trotzdem läuft dieses Unternehmen nach festen Spielregeln ab.
Im Qualitätsmanagement hat man es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschäftsprozesse des Unternehmens zu beschreiben, zu strukturieren und letztendlich zu optimieren.
In der Literatur und im Internet findet man etliche Geschäftsprozessmodelle, die Prozesse aus unterschiedlichen Richtungen betrachten, definieren und strukturieren. Gemeinsam ist allen, dass sie irgendwie gestaltete Schaubilder, meist vom Typ eines Flussdiagramms darstellen, die je nach Modell mehr oder weniger komplex sind. Zudem gibt es Software, mit der versucht wird, Abläufe in Unternehmen durch Workflows zu standardisieren. Ich möchte hier nicht weiter auf diese Workflows eingehen, sondern ein Geschäftsprozessmodell diskutieren, wie es im Rahmen des Qualitätsmanagements benötigt wird.
Die DGQ definiert den Begriff Prozess als "Satz von in Wechselbeziehung oder Wechselwirkung stehenden Tätigkeiten, der Eingaben in Ergebnisse umwandelt" (siehe de.dqs-ul.com: Glossar). Das ist zwar eine schöne Definition, hilft aber nur bedingt. Wir brauchen also eine etwas detailliertere Beschreibung eines Prozesses. Ich rede dabei von einem Geschäftsprozess, um diesen von anderen Begriffen wie z.B. dem Produktionsprozess abzugrenzen.
Jeder Prozess braucht Eingaben. Das können Vorgaben, Daten oder sonstige Größen sein. Ohne diese Eingaben hat der Prozess nichts, was er verarbeiten soll. Weiterhin liefert jeder Prozess ein Ergebnis, oder auch mehrere Ergebnisse. Ohne Ergebnisse ist ein Prozess sinnlos und man braucht ihn nicht.
Damit der Prozess auch wirklich die Eingaben in Ergebnisse umwandeln kann, braucht er weitere Dinge, die ich im Gegensatz zum Schildkrötenmodell (siehe QM-Core: Schildkrötenmodell) einfacher darstelle. Das Schildkrötenmodell stellt neben Eingaben und Ergebnissen außerhalb des Prozesses Materielle Ressourcen, Personelle Ressourcen, Wirkungsgrad und Regeln / Methoden zur Durchführung dar. Ungeachtet der Tatsache, dass diese Dinge benötigt werden, lässt sich das aber einfacher darstellen.
Ein Prozess kann seine Ergebnisse auf viele Arten erzeugen. Wichtig ist dabei aber der Wirkungsgrad oder auch die Performance des Prozesses. Diese muss messbar sein. Das ist in der Regel nicht ganz einfach; es kann sein, dass die Prozessperformance mit einer Kennzahl dargestellt werden kann. Vielfach ist es aber notwendig, die Gesamtperformance des Prozesses mit mehreren Kennzahlen abzubilden. Ich habe diese Kennzahlen als Indikatoren außerhalb des Prozesses, quasi als weitere Ergebnisse dargestellt.
Ein Prozess ohne Eigentümer kann nicht funktionieren, da dann niemand die Verantwortung für das Funktionieren des Prozesses übernimmt. Niemand würde in einem solchen Fall korrigierend eingreifen, um den nicht mehr korrekt funktionierenden Prozess wieder in die richtige Richtung zu lenken. Niemand würde den Prozess optimieren, um seine Performance zu steigern. Im Englischen gibt es das Wort Ownership, welches mit Besitz, Eigentümerschaft, Inhaberverhältnis, Eigentum übersetzt wird. Keines dieser Worte trifft aber den Sinn im Fall eines Prozesses: mit Ownership ist hier die Verantwortung für den Prozess und das Recht auf den Prozess gemeint; etwas, für das man mit Haut und Haar einsteht.
Innerhalb eines Geschäftsprozesses gibt es Abläufe, die in Prozess-Schritten zusammengefasst sind. Jeder dieser Schritte beinhaltet eine Aktivität, die beschrieben werden muss, einen Verantwortlichen, den der Prozesseigentümer einsetzt und Methoden / Verfahren, nach denen dieser Prozess-Schritt durchgeführt werden soll. Diese Verfahren und Methoden werden üblicherweise in Verfahrensanweisungen und Arbeitsanweisungen beschrieben. Damit sind, ohne dass sie genannt werden, die Punkte des Schildkrötenmodells wie materielle und personelle Ressourcen, sowie die Regeln / Methoden zur Durchführung auf einfache Weise beschrieben. Insbesondere eine Bereitstellung dieser Dinge von außerhalb des Prozesses lehne ich ab; damit würde auch die Verantwortung dafür nach außen verlagert werden, was mit dem Begriff Ownership nicht vereinbar ist.
Ich habe einen Prozess wie im Bild gezeigt dargestellt:
In der Kopfzeile wird als wesentliches Element der Prozesseigentümer genannt; zudem sind Revision und Ausgabedatum vermerkt.
Im nächsten Block sind dann die Prozesseingänge (Process Inputs), die Indikatoren (Process Indicators) und die Prozessergebnisse (Process Outputs) genannt. In der Software werden hier üblicherweise Hyperlinks auf die entsprechenden Dokumente gesetzt. Als Besonderheit werden die Inputs und Outputs auch mit anderen Prozessen verlinkt, so dass z.B. der Process Output eines Prozesses zum Process Input eines anderen Prozesses zeigt.
Im unteren Teil zeige ich die Inhalte eines Prozesses (Process Map). Diese Process Map ist so aufgebaut, dass es eine Liste von Aktivitäten gibt, die als Process Step (der Name der Aktivität), Activity (die Beschreibung der Aktivität), des Verantwortlichen und der dazu benötigten Dokumente beschrieben ist.
Die benötigten Dokumente können z.B. sein:
Ich möchte aber ausdrücklich vermerken, dass hier keine Ergebnisse (z.B. ausgefüllte Formulare) aufgelistet werden. Dies sind entweder Indikatoren (dann werden sie bei den Indikatoren dargestellt) oder Prozessergebnisse (dann werden sie als Process Outputs dargestellt).
Unabhängig von anderen Darstellungen teile ich die Geschäftsprozesse in drei Gruppen ein:
Managementprozesse sind Prozesse, die einen Entscheidungs- und oder Weisungscharakter haben. Die Managementprozesse erzeugen im allgemeinen die Rahmenbedingungen für die übrigen Prozesse. Typisch sind für mich hier die Entwicklung der Firmenstrategie, die Definition der langfristigen und kurzfristigen Ziele, Überprüfung und Überwachung des gesamten Geschäfts, die Erfassung und Beeinflussung der Kundenzufriedenheit, sowie die Bereitstellung von Ressourcen. Zu letzterem zähle ich auch die Personalressourcen und deren Motivation.
Kernprozesse beinhalten Wertschöpfung und tragen damit im wesentlichen Maß zum Unternehmenszweck bei. Bei einem Unternehmen, welche Produkte entwickelt und produziert, sind dies meistens
Akquise > Entwicklung > Produktion > Verkauf.
In einem Unternehmen mit einem anderen Unternehmenszweck können dies völlig andere Prozesse sein, z.B. in einer Schulungsorganisation
Akquise > Zusammenstellung des Seminarangebots > Durchführung der Seminare > Feedback durch die Kunden.
Unterstützende Prozesse beinhalten in der Regel keine Wertschöpfung, sind aber für den Ablauf der Management- und Kernprozesse notwendig. Typische Unterstützungsprozesse sind z.B. EDV, Instandhaltung, Qualitätssicherung, Einkauf, Finanzen, usw.
Alle Geschäftsprozesse wirken miteinander in einem Geflecht von Zusammenhängen. Versucht man wirklich, alle Zusammenhänge der Geschäftsprozesse in einem Schaubild darzustellen, so endet man in einem Chaos von Linien, da irgendwie jeder Prozess mit jedem Prozess in irgendeiner Relation steht. Die Lösung dieses Dilemmas ist recht einfach: man stellt diese Beziehungen anders dar.
Zu den Standardrelationen seien folgende Beispiele genannt:
Ich habe das oben beschriebene Modell programmiert und hier als Popup dargestellt.
Business Process Model Software zum ausprobieren